Was ist Gegenkonditionierung?

Bei der Gegenkonditionierung lernt dein Hund ein neues Verhalten auf einen bestimmten Reiz zu zeigen.
Ein Beispiel:

Statt Hase sehen -> Nachdüsen
Hase sehen -> zu mir blicken

Statt Begrüßung -> Anspringen
Begrüßung -> Freuen mit den Pfoten auf dem Boden

Statt Futternapf -> Springen vor Freude
Futternapf -> Sitzen und geduldig Warten

 

Ein Beispiel aus der Menschenwelt

Du kannst dir die Gegenkonditionierung wie eine Umorientierung mit Gewöhnung vorstellen.
Stell dir vor du gehst jeden Tag in deiner Lieblingskantine zum Essen. Du überlegst gar nicht lange, sondern es wird zur Gewohnheit in der Mittagspause mit den Kollegen dorthin zu wandern.

Eines Tages kommt ihr an und findet einen Zettel dort hängen. “Wegen Krankheit geschlossen.” “So ein Ärger, aber nun ja, wo gehen wir nun essen?” Ihr geht vermutlich in ein anderes in der nähe gelegenes Lokal, um euren Hunger und Durst zu stillen und die Mittagspause zu nutzen. Zwei, drei Tage geht ihr dorthin, aber in der nächsten Woche startet ihr wieder den Versuch zu eurer Lieblingskantine, (weil dort einfach die Kartoffeln nicht so mehlig sind 😉

Doch dann seht ihr wieder ein Schild hängen. “Wegen Umbauarbeiten geschlossen.” “Mensch, so ein Mist!”
Nun ja, dann gehen wir wieder ins Lokal um die Ecke. In der Arbeit erfahrt ihr später, dass die Umbauarbeiten mit Totalsanierung mindestens 6 Monate dauern werden. Schade! Aber nun ja, es wird gegoogelt und noch ein anderes Restaurant wird ausgemacht.

Ein, zwei Wochen vergehen und ihr habt euer neues Lieblingsrestaurant entdeckt. Wechselnde Küche, gute Qualität, fairer Preis, was will man mehr. Der neue Weg in der Mittagspause wird zur Gewohnheit, – denn es ist einfach bequem Automatismen abspulen zu lassen, bei denen man nicht jeden Tag neu überlegen muss, wo man zum Essen hingeht.

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Das ist genauso wie die Tasse Kaffee am Morgen oder das Zähneputzen am Abend. Wir überlegen meistens nicht, sondern tun es einfach, weil es unsere Gewohnheit ist. (Da fällt mir ein, gestern hätte ich um ein Haar mein Paket beim Italiener, statt bei der Post abgegeben, weil ich den Weg in diese Richtung eigentlich immer nur zum Italiener gehe… :-D)

Auf den Reiz, in unserem Beispiel “Hunger” war sonst das Laufen zur Kantine das Verhalten und nun, – da sich das Laufen zur Kantine nicht mehr lohnt – geht ihr stattdessen auf den Reiz “Hunger” zum Lieblingsrestaurant. In beiden Fällen wäre es für euch Ziel etwas zu Essen zu bekommen. Das, was sich lohnt, werden wir wohl häufiger tun.

 

Und wie ist das bei dem Hund?

Wenn mein Hund ein Beutetier (Hase, Reh o.ä.) erblickt und ich mit einem Signal trainieren kann, den Hund umzulenken, dann wäre es hierbei sinnvoll das Bedürfnis “Hetzen” zu stillen. Zum Beispiel kannst du ein Zerrspielzeug aus der Tasche holen und mit deinem Hund in die entgegengesetzte Richtung zum Beutetier losrennen und deinen Hund zum Laufen und Zerren animieren. Wenn das Bedürfnis etwas abgeklungen ist, kannst du deinen Hund anleinen, ggf. noch ein bisschen angeleint mit deinem Hund spielen und ihn ablenken und am Ort beruhigen. So lernt der Hund, das sich das Ersatzverhalten lohnt.

Es sei dazu gesagt, dass es gerade beim Jagdreiz z.T. sehr schwierig ist den Hund mit einem Signal abzurufen. Hier lohnt sich das Training eines Supersignals, dass du hauptsächlich in diesen Situationen einsetzt und mit sehr hoher Belohnungsrate und für deinen Hund besonderer Belohnung (Leberwurst o.ä.) belohnst.

2009: Spike mit Wohnungschefkaninchen “Kalle Krabowski”

Mit ein, zwei Trainingseinheiten ist es nicht getan. Denn genauso wie wir – in der Hoffnung was zu Essen zu bekommen – immer wieder bei unserer alten Kantine vorbeischauen werden, wird es auch für den Hund schwer sein, dem Reiz des Hasen zu widerstehen, der ja, eventuell gehetzt werden kann.
Wichtig ist also bei der Gegenkonditionierung nicht nur den Hund aus dem Verhalten herauszuholen, sondern auch für Ablenkung zu sorgen, indem kleine Denkaufgaben (z.B. Touch oder Pfote) gemacht werden. So fängt der Hund wieder an zu denken und ist dadurch ansprechbar und kontrollierbar.
Mit der Zeit lernt der Hund auf einen Reiz X auf die trainierte Art und Weise zu reagieren, obwohl wir kein Signal mehr geben.

 

Wiederholung ist das Zauberwort zur Gewohnheit

Erst wenn wir jeden Tag für mindestens 30 Tage ein neues Verhalten ausführen wird es allmählich zu einer Gewohnheit.
Probier es doch mal aus: z.B. 30 Tage ohne Kaffee, 30 Tage Dehnübungen, 30 Tage zu Fuß zur Arbeit.

Erst wenn wir die Gegenkonditionierung mit unserem Hund anfangs immer und später variabel trainieren, wird unser Hund dauerhaft auf einen Reiz X anders reagieren. Sei es das Jagen, das Ablassen von Unrat oder das ruhige Vorübergehen an Hunden / Joggern oder Radfahrern. Zu diesen Beispielen zur Gegenkonditionierung / Umlenkung / Umorientierung findest du Trainingsvideos im Trainingscamp.