Wozu braucht es einen Artikel darüber, wie man einen Hund richtig ignoriert? Wir wissen doch das Ignorieren „nicht beachten“ bedeutet. Was genau kann dabei denn schon schief laufen?? Mehr, als viele oft glauben, kann beim „falschen“ Ignorieren der Hund sogar noch mehr Bestätigung erfahren und dadurch das ungewünschte Verhalten verstärkt werden.

Ungewünschtes Verhalten beim Hund abtrainieren

Typische Situationen sind z.B. das Betteln am Tisch, das Anspringen bei der Begrüßung, die Aufforderung des Hundes zum Spiel, Fressen oder Streicheleinheiten, sowie insgesamt Aufmerksamkeit heischendes Verhalten im Alltag. Hundeerziehung bellen.

Wo ist Ignorieren in der Hundeerziehung einzuordnen? Auch wenn es harmlos erscheint: Ignorieren ist für den Hund eine Strafe! Diese gehört zur Kategorie der negativen Strafe, das bedeutet, dass dem Hund etwas Angenehmes entzogen wird. >> Mehr zu den Kategorien findest du auch beim Viereck des Lernens.

Wenn wir auf Aufmerksamkeit heischendes Verhalten reagieren, also unserem Hund die Aufmerksamkeit schenken, die er einfordert, dann wird das Stupsen am Arm, das „Sprechen“ oder „Maulen“ bzw. Bellen immer stärker und stärker. Wir tun unserem Hund keinen Gefallen, wenn wir der Aufforderung nach Aufmerksamkeit nachgeben, denn sein Erregungsniveau wird dadurch immer höher, der Hund kommt nicht mehr zur Ruhe und Stresssymptome können auftreten.

Warum wir manchmal “falsch” ignorieren

Manchmal passiert es dann doch: Der Hund stupst am Arm und die “bestupste” Person spricht nicht mit dem Hund, aber der angestupste Arm fällt über den Hundekopf und beginnt ihn zu streicheln. Dies ist kein Ignorieren, denn Tatsache ist: „Man kann nicht, nicht kommunizieren.“ (Watzlawick) Für die Kommunikation mit dem Hund trifft das in besonderem Maße zu, denn der Hund kommuniziert nun mal hauptsächlich über Ausdrucksverhalten, also nonverbale Kommunikation, die über die Körpersprache abläuft. Das bedeutet, auch ein beiläufiges Streicheln ist für unseren Hund kein Ignorieren! Im Gegenteil, es ist sogar meist eine angenehme Folge seines Verhaltens! Man könnte jetzt meinen, dass der Hund dann ja ruhiger wird, doch der Schein trügt. Die Folge ist meistens, dass der Hund noch energischer reagiert, sobald das Streicheln eingestellt wird…

Ein anderer Fall ist es, wenn ich den Hund anspreche: Wenn ich am Tisch sitze, mein Hund bettelt und ich sage hundertmal „Nein, nein, nein, nein“ , wird das nichts bringen, denn klar ist, auch eine negative Reaktion ist Aufmerksamkeit für unseren Hund. Ganz egal, ob das Wort „nein“ oder ein Wegschubsen des Hundes, beide bringen hier wenig und sind alles andere als Ignorieren. Was ist die Folge? Der Hund nörgelt wieder mehr als vorher…

Ein drittes Beispiel: Wenn ich auf dem Sofa Zeitung lese und mein Hund schleppt sein Spielzeug an, fordert mich zum Spiel auf, wie ignoriere ich ihn dann? Auch wenn ich nur über meine Zeitung linse und den Hund anschaue, – auch wenn ich nichts dergleichen zu ihm sage, ist Aufmerksamkeit. Was ist die Folge? Der Hund versucht nun „mehr aus mir herauszubekommen“, vielleicht legt er seinen Kopf auf meinen Schoß oder stupst am Arm. Jetzt bitte nicht weich werden, wir wollten doch gerade Zeitung lesen und den Hund ignorieren…

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Zurück zum bettelnden Hund am Tisch: Wenn ich am Tisch sitze, den Hund weder anschaue noch „nein“ zu ihm sage, kann es dennoch sein, dass meine Körperhaltung recht offen ist. Das heißt der Stuhl ist zu weit weg vom Tisch, vielleicht lehne ich mich zurück und sitze nicht so nah an dem Tisch, weil ich immer wieder aufstehe, um etwas zu holen. Eine offene Körperhaltung kann für den Hund geradezu eine Einladung sein, zu uns zu kommen. Wenn ich das nicht möchte kann ich mich etwas enger an den Tisch heransetzen und meinen Blick und meine Arme zum Tischnachbarn wenden. Allein durch die Veränderung dieser Position gehen schon viele Hunde wieder. Denn sie verstehen, was eine abwendende Körperhaltung bedeutet.

Streicheln, Ansprechen, Ansehen und eine offene Körperhaltung funktionieren nicht, wenn ich meinen Hund richtig ignorieren will.

Einer der schlimmsten Fehler beim Ignorieren ist, dass der Hund zwei-, dreimal ignoriert wird, z.B. wenn er stupst und beim vierten Mal wird er geschimpft. Folge: Der Hund stupst jetzt noch öfter und intensiver, weil erst dann die Aufmerksamkeit (hier: Schimpfen) erfolgt. Das ist so, wie die variable Verstärkung. Je variabler, desto besser lernt der Hund das Verhalten. >>Mehr zur variablen Verstärkung findest du auch hier.

Wie kann ich das Ignorieren bei meinem Hund richtig einsetzen? Auch wenn der Hund allein bleiben soll?

Du kannst das richtige Ignorieren mit einem Signal, z.B. „Schluss“ oder “Pause” beginnen. Ab diesem Zeitpunkt drehst du deinen Körper von deinem Hund weg, schaust ihn nicht an, berührst ihn nicht (keine Streicheleinheiten) und sprichst deinen Hund weder liebevoll noch strafend an.

Dein Hund verknüpft dann das Signal Schluss damit, dass er Sendepause hat und all seine “Bemühungung” ins Leere wandern. Wenn du das einige Male wiederholst, geht dein Hund sofort, wenn er das Signal bekommt. Was hier vielleicht auf Anhieb wie eine weitere “Konditionierungsmasche” rüberkommt, bedeutet für deinen Hund nur Positives: Dein Hund kann sich jetzt entspannen und er weiß, dass ihm nichts entgeht, wenn er dieses Verhalten aufgibt.

Die Grenzen des Ignorierens

Da das Ignorieren für den Hund eine Strafe ist, sollte der Hund nur zeitweise ignoriert werden, also nur dann, wenn er ein Verhalten (wie Betteln am Tisch, ständige Spielaufforderung) zeigt, dass ignoriert werden kann. Ganz wichtig ist ein frühzeitiges Training eines Ersatzverhaltens, damit der Hund eine Alternative für sein Verhalten lernt.

Außerdem sollte der Hund natürlich nicht ignoriert werden, wenn er ganz dringend raus muss oder Schmerzen hat!

Zuletzt funktioniert das Ignorieren nicht bei jedem Aufmerksamkeit heischenden Verhalten: Wenn dein Hund schon an deiner Kleidung zieht und reißt, um Aufmerksamkeit zu bekommen oder er heult oder so laut bellt, dass du es nicht (mehr) ignorieren kannst, ist ein anderer Weg zu wählen, denn in diesem Fall hilft das Ignorieren nicht mehr!  Wenn dein Hund ein ungewünschtes Verhalten zeigt, dass nicht mehr ignoriert werden kann, ist es zum einen sinnvoll ein Alternativverhalten zu trainieren. Dies kann z.B. die Platzablage auf der Hundedecke sein. Zum anderen solltest du mit anderen Methoden an dem unerwünschten Verhalten arbeiten.

Da ich hier keine allgemeingültigen Anleitungen dazu vorstellen möchte, kannst du mich hierzu auch gerne direkt fragen. Ich helfe dir gerne weiter.

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